Wie arbeitet ein guter Coach eigentlich? Gibt es typische Erfolgsgeheimnisse oder ein antrainiertes Standardauftreten?

Eine der wohl größten Herausforderungen dem Coachee gegenüber ist die Kunst, das Besprochene nicht zu werten. Gute Führungskräfte kennen sich durch jahrelange Erfahrung und Training damit aus. Neutral bleiben wie die Schweiz, keine Schubladen bedienen und den eigenen (unbewussten Vor-) Urteilen immer wieder auf die Schliche kommen. Ein Lebenswerk, könnte man meinen. Denn auch hier gilt: Übung macht den Meister. Anstrengend? Ja. Lohnenswert? Auf jeden Fall!

Die gute Nachricht daher lautet: gutes Coaching ist erlernbar, es ist nur eine Frage des Wollens und der Ausdauer. Denn die Grundintention muss sein, dem Gegenüber wohlwollend und damit unterstützend zur Seite zu stehen. Ganz unabhängig von den Talenten und Kompetenzen, die jeder von uns von Haus aus schon mitbringt.  Der Rest ist „Finetuning“. Lernen durch Tun.

Das Wort „Nichtwerten“ kennen Einige von uns sicherlich auch über die Achtsamkeit-Bewegung.

In unserem Gehirn werden pro Sekunde mehrere Millionen von Sinneseindrücken verarbeitet, aber nur etwa 40 davon erreichen unser Bewusstsein. Das Gehirn sortiert quasi schon mal vor in Gewohntes, Ungewohntes, Gefährliches und Ungefährliches. Die Schublade eben.

Den Rest des Wertens bekommen wir dann präsentiert mit beispielsweise „Ich finde die Klamotte…“, „Der Gesichtsausdruck gefällt…“, „Warum steht der so…“.

Nicht zu werten bedarf viel Übung. Neutral zu bleiben fällt deswegen so schwer, weil wir Menschen mit Gefühlen und Erfahrungen sind. Und je nachdem, aus welcher Ecke wir kommen, wird entsprechend vorsortiert und nachbearbeitet. Aber wir wissen mittlerweile, dass wir lernen können, Negatives in Positives umzuwandeln.

 

 

Oder eben den Gedanken einfach nur wertfrei zu betrachten. Je mehr wir nur anschauen und oder darüber reflektieren, desto offener und auch neugieriger werden wir gegenüber Allem, was uns umgibt. Und lässt uns damit auch nicht glauben oder beurteilen, was fürs Gegenüber gerade richtig oder falsch ist. Das ist die Kunst des Coachens. Denn was sich für uns richtig anfühlt, muss es nicht zwingend für Andere.

Woher weiß ich nun, ob der Coach wertfrei unterwegs ist? Indem ich Wörter wie „falsch“ oder „richtig“ eher weniger im Wortschatz ausfindig machen kann und mein Thema von allen Seiten beleuchtet wird. Nicht nur die, die ich gerade allein sehe. Der Coach holt mit mir gemeinsam hervor, was ich durch meine Urteilsbrille nicht sehen kann. Er hilft quasi in Sherlock Holmes-Manier beim Brille putzen und vielleicht, dass ich mich auch einmal herumdrehe.

Zum Beleuchten nutzt der Coach keine Taschenlampe, sondern hört aktiv und aufmerksam zu. Was heißt das?  Vollste Konzentration und Achtung fürs Gegenüber. Und keine Gedanken ans Einkaufen zwei Stunden später. Denn darüber sieht, erfährt, spürt und hört der Coach, was der Klient in dem Moment wirklich sagt und braucht. Mit dem Gesagten und zwischen den Zeilen wahrgenommenen Details geht es dann ans Eingemachte im Gespräch. Merke: in einem Coaching-Gespräch liegt der Hauptgesprächsanteil beim Coachee. Durchgehend. Und das kann anstrengend sein. Für beide Seiten.

Erfolgsgeheimnis Nummer 1 eines guten Coaches ist daher: üben üben üben. Nicht nur in Gesprächen selbst, sondern im tagtäglichen Umgang mit sich selbst und Anderen. 

Ein schöner Podcast, der in die Idee von Achtsamkeit hineinpasst, ist der von Andrea Montua mit Autor Sebastian Purps-Paradigol. Schaut gern mal rein.