Wer immer wieder draußen in der Natur ist, weiß, dass man sich danach erholter und weniger gestresst fühlt. Aber warum ist das so? Ist das nur ein Gefühl? Oder stehen dahinter auch wissenschaftliche Fakten? Und falls ja: wie lange muss man denn eigentlich im Wald spazieren gehen, damit sich die Wirkung auch entfaltet?
Waldbaden oder Shinrin Yoku kommt ursprünglich aus Japan und wurde dort in den 80er Jahren erstmals als Waldschutzprogramm durch die japanische Forstbehörde eingeführt und mit gesundheitsfördernden Aspekten begründet. Die Wissenschaft dahinter, warum Wald einen wichtigen Beitrag zu unserer Gesundheit leistet, kam in Zahlen, Daten und Fakten erst später dazu. Doch seither wird in dem Umfeld fleißig in Japan und mittlerweile auch in Deutschland geforscht, so zum Beispiel an der LMU München, der Universität Freiburg oder der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenbuch.
Demnach kann Waldbaden vielfältig wirksam werden und vor allem im Umfeld von Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Stoffwechselerkrankungen, Burnout oder Depression einen wertvollen Beitrag zur Genesung leisten.
Es fördert Tatkraft und Energie und stärkt dazu unser Immunsystem. Wenn das keine gute Nachricht ist!
Daher gibt es mittlerweile auch bei uns ganz offizielle Heilwälder, um Menschen sich und der Natur wieder näherzubringen. Und „ganz nebenbei“ das Ziel zu verfolgen, gesund zu werden oder es am Besten gleich zu bleiben.
So ist der Kur- und Heilwald im Ostseebad Heringsdorf mit seinen 187 Hektar der erste seiner Art in Europa. Und er wird hoffentlich nicht der letzte sein…
Für den Anfang kennt Ihr sicherlich vor Eurer Haustür einen Wald, in dem Ihr gern Zeit verbringt und der genauso seinen wohltuenden Zweck erfüllt.
Waldbaden an sich ist die Kunst, in die Waldatmosphäre mit all seinen Sinnen einzutauchen und sich dadurch mit der Natur zu verbinden.
Klingt recht spirituell? Aber wann haben wir schon das letzte Mal ALLE unsere Sinne genutzt? Oder einen Sinn ganz bewusst ausgeblendet?
Um es vorweg zu nehmen: beim Waldbaden braucht es keine Badesachen, aber auch keine konditionelle Bestform. Wichtig ist nur, achtsam und vor allem absichtslos im Wald unterwegs zu sein und und das Umfeld auf sich wirken zu lassen.
Gewöhnlich geht man dazu in einer Gruppe und wird von einem ausgebildeten Kursleiter begleitet, der nicht nur Waldbaden-Techniken anwendet, sondern sich auch mit örtlichen Gegebenheiten auskennt. Und uns neben rechtlichem Rahmen auch aufzeigt, wie wertvoll und schützenswert dieser Ort ist.
Wie lang müssen wir denn nun im Wald sein, dass sich ein Besuch für unsere Gesundheit lohnt?
Laut Studien der Universität Tokio liegt der ideale Waldbaden-Besuch zwischen zwei und vier Stunden, doch bereits nach 20 Minuten stellen sich gesundheitsfördernde Aspekte ein. Der Blutdruck sinkt, das Stresshormon Cortisol wird weniger ausgeschüttet und unsere Immunabwehr wird über die Erhöhung und Aktivität natürlicher Killerzellen um ca. 40 % angekurbelt. Dieser Effekt hält nach einmaligem Besuch bis zu sieben Tag an, bei mehrmaligem Besuch sogar bis zu 30 Tage. Letzteres ist etwas mit Vorsicht zu genießen, da die Evidenz nicht sichergestellt ist. Mangelnde Evidenz bedeutet übersetzt: für eine aussagekräftige Studie waren zu wenig Personen (hier jeweils 6 in Kontroll- und Studiengruppe) anwesend.
Auch wenn diese eine Studie unter vielen in Europa noch kritisch beeäugt wird, werden in Japan und Südkorea von Ärzten üblicherweise dreitägige Waldbäder verschrieben. Verschrieben. Ihr habt richtig gelesen. Denn Waldbaden ist dort seit langer Zeit eine anerkannte Präventionsmaßnahme zum Stressabbau und zur allgemeinen Gesundheitsförderung. Ob das in Deutschland – analog zu Yoga – irgendwann auch so sein wird?
Wenn ihr also Lust habt, einen Waldbaden-Kurs zu besuchen, dann probiert es doch einfach mal aus. Denn jeder Kurs ist so vielfältig wie sein Kursleiter. Aber eins ist gemäß dem Zitat von Dr. Qing Li allen gleich, denn „Heilung unter Bäumen geschieht, wenn wir nichts tun.“.
Wann hast Du das letzte Mal ganz bewusst NICHTS getan? Es lohnt sich für Jeden von uns, das alltägliche Gedankenkarussell für einen Moment leiser zu drehen und einfach nur in der Natur zu sein. Mit allen Sinnen. Im Augenblick. Im Grünen.